Projekt „Was postest Du? Politische Bildung mit jungen Muslim_innen online“

Unbenannt Ufuq„Was postest Du? Politische Bildung mit jungen Muslim_innen online“ ist ein Pilotprojekt (gefördert durch die Robert Bosch Stiftung), in dem Erfahrungen aus den Teamer_innen-Workshops aufgegritten und auf soziale Netzwerke übertragen werden. In diesem Projekt werden Inhalte und Strategien der politischen Bildung im Web 2.0 mit aktuellen Fragestellungen erarbeitet, die muslimisch sozialisierte Jugendliche im Alltag beschäftigen.

Das Projekt fördert und initiiert Reflexionsprozesse und zeigt Möglichkeiten der Teilhabe und Mitgestaltung auf. Damit leistet es auch einen Beitrag zur Prävention im Vorfeld möglicher Radikalisierungsprozesse, die vielfach durch Entfremdungs- und Ohnmachtserfahrungen gekennzeichnet sind.

Aufsuchende Onlinearbeit
Ausgangspunkt ist der Versuch, polarisierenden und nicht selten demokratiefeindlichen Positionen in Online-Diskussionen unter muslimischen Jugendlichen durch alternative Sichtweisen und Deutungsmuster entgegenzuwirken. Mit der „aufsuchenden Onlinearbeit“, die von methodisch und inhaltlich geschulten muslimischen Teamer_innen geleistet wird, werden die Urteils- und Handlungskompetenzen der beteiligten Jugendlichen gefördert.

Ein Beispiel: Der Mord an Marwa El-Sherbini im Juli 2009 in einem Dresdener Gerichtssaal war ein einschneidendes Ereignis für viele junge Muslim_innen in Deutschland. Es dauerte mehrere Tage, bis überregionale TV- oder Printmedien ausführlich über den Mordfall berichteten. Unter jungen Muslim_innen wurde der Mord dagegen bereits wenige Stunden nach der Tat intensiv diskutiert und auf mögliche Folgen für den Alltag von Muslim_innen in Deutschland befragt. Die Wahrnehmung, dass das Problem des Rassismus in der deutschen Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wird, bestärkt bei vielen Jugendlichen die Sorge über eine zunehmend islamfeindliche Stimmung in der Gesellschaft – was einige dazu bewegt, sich auf eine muslimische Identität zurückzuziehen. Im Internet instrumentalisieren salafistische Prediger entsprechende Erfahrungen und werben damit um Jugendliche.

Soziale Netzwerke als Feld der Meinungsbildung und Kommunikation
Diese Dynamiken illustrieren die wachsende Bedeutung von Online-Medien als Feld einer politischen Bildungsarbeit, die unmittelbar an den Lebenswelten junger Muslim_innen anknüpft und aktuelle Themen und Auseinandersetzungen direkt aufgreifen kann. Umso wichtiger ist es, alternative Deutungsmuster aufzuzeigen, die einen konstruktiven Umgang mit problematischen Erlebnissen und Erfahrungen ermöglichen und damit dem Entstehen einer „Opferideologie“ entgegenwirken.

Vor diesem Hintergrund greift das Pilotprojekt die Bedeutung von sozialen Netzwerken, Webforen und Content-Sharing-Plattformen für die Meinungsbildung auf und überträgt diese auf die politische Bildungsarbeit mit jungen Muslimen. Die pädagogische Bildungsarbeit wird dabei im Sinne eines Peer-Education-Ansatzes von jungen muslimischen Teamer_innen geleistet, die sich insbesondere auf Facebook über persönliche Projektprofile als Gesprächspartner in Diskussionen unter jungen Muslim_innen/Migrant_innen einbringen und mit Informationen, Denkanstößen und ggf. Verweisen auf Hilfsangebote zu Wort melden.

Teamer_innen als Gesprächspartner
Die Online-Interventionen der Projekt-Teamer_innen betonen die Normalität des Muslimseins in Deutschland, ermöglichen eine vorurteilsfreie Diskussion über religiöse Werte und Traditionen und beugen einem Selbstbild als Opfer der Verhältnisse sowie der Attraktivität simpler Weltdeutungen vor, wie sie von radikalen Strömungen im Netz in großem Umfang angeboten werden.

Die Wortmeldungen der Teamer_innen erfolgen als persönliche Stellungnahmen, werden aber zugleich für die Jugendlichen deutlich erkennbar als Aktivitäten im Rahmen der Projektarbeit kenntlich gemacht. Insofern geht es ausdrücklich nicht um eine anonyme Einflussnahme auf Diskussionen unter Jugendlichen, sondern um ein transparentes Angebot der politischen Bildung. Um eine inhaltlich kompetente und methodisch effektive Arbeit zu ermöglichen, wurden die Teamer_innen umfassend auf entsprechende Dialoge und Auseinandersetzungen vorbereitet.

Dokumentation und Handreichungen
Ergänzend zur aufsuchenden Arbeit bietet das Projekt eine offene Facebook-Gruppe, in der Diskussionen von unserer Seite, aber auch von Jugendlichen selbst initiiert und im geschützten Rahmen vertieft werden können. Die Facebook-Seite des Projektes bietet schließlich einen Einblick in aktuelle Themen und Fragestellungen, die unter jungen Muslim_innen diskutiert werden. Die Seite dient der Dokumentation dieser Themen und soll Multiplikator_innen dazu anregen, entsprechende Online-Debatten auch in der eigenen pädagogischen Arbeit aufzugreifen.

Für das Projekt ist eine 2-jährige Laufzeit geplant. Dabei wurden zunächst sechs Teamer_innen geschult, die sich nach Abschluss der Schulungsphase unter kontinuierlicher inhaltlicher und methodischer Begleitung in Online-Debatten einbringen. Auf der Grundlage einer umfangreichen Dokumentation sollen diese Erfahrungen projektbegleitend und mit Praktiker_innen aus anderen Online-Projekten ausgewertet und mit Blick auf erforderliche Veränderungen des hier verfolgten Ansatzes reflektiert werden.

Zuletzt im Rahmen des Projektes veröffentlicht wurde das Dossier „Darf ich als Muslim wählen?“, das sich mit Fragen der Vereinbarkeit von Demokratie und Islam beschäftigt, wie sie sich Jugendliche im Netz stellen. Dieses Dossier bietet Hilfestellungen für den Umgang mit entsprechenden Sichtweisen, um eine Anerkennung von gesellschaftlichen Unterschieden und Pluralismus zu fördern und Jugendlichen Möglichkeiten der Teilhabe aufzuzeigen. Weitere Dossiers zu den Themen Islamfeindlichkeit und Rassismus, Geschlechterrollen, Konflikte und Kriege sowie Religion in der Bildungsarbeit sind geplant.

Angestrebt ist eine systematische Dokumentation der Projektergebnisse, die eine Nutzung der Erfahrungen auch durch andere Träger der Bildungsarbeit möglich machen.

Mehr Informationen zum Projekt „Was postest Du?“ und dem Konzept der aufsuchenden politischen Bildungsarbeit bietet das Projektblog von NRW denkt nach(haltig) im Interview mit Dr. Götz Nordbruch, Islamwissenschaftler und Mitgründer von ufuq.de.

Kontakt

Ufuq e.V
Wissmannstr. 20-21
12049 Berlin

Tel.: 030-98 34 10 51
E-Mail: info@ufuq.de
Web: ufuq.de

 

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